Rechte Morde in Bayern

Erinnerung an Peter Siebert

Erinnerung an Peter Siebert

Wir erinnern an Peter Siebert, der am 26.04.2008 von seinem Nachbarn, einem polizeibekannten Neonazi, in Memmingen ermordet wurde.

Peter Siebert hatte sich bei Alexander B. über dessen laute, rechte Musik beschwert und ihn für seine menschenverachtende Gesinnung kritisiert – wie schon häufig zuvor. Als er in dieser Nacht wegen des lauten Rechtsrocks zum zweiten Mal an der Wohnungstür des Nachbarn klopfte, folgte Alexander B. Peter Siebert in seine Wohnung und erstach ihn dort mit einem Bajonett.

Im Dezember 2008 verurteilte das Landgericht Memmingen Alexander B. zu acht Jahren und drei Monaten Haft – in einem Prozess, der nur einen Tag lang dauerte. Schuldig gesprochen wurde er wegen Totschlags, nicht wegen Mordes. Die Frage nach einem rechten Motiv des Täters, was Mord und eine deutlich höhere Strafe bedeutet hätte, spielte offenbar keine Rolle.

Später war die damalige schnelle Entscheidung selbst dem Vizepräsidenten des Landgerichts unangenehm, wie Recherchen der „Zeit“ und des „Tagesspiegel“ ans Licht brachten. Die Richter*innen hätten aufgrund der Geständigkeit des Täters „nicht mehr intensiv nachgeforscht“ und es dabei belassen, den „äußeren Sachverhalt“ zu klären, obwohl der Täter vor dem Prozess zugegeben hatte, er habe aufgrund seiner rechtsextremen Gesinnung mit Peter Siebert gestritten. Vizepräsident Mürbe sagte laut „Zeit“, ein rechtsextremer Hintergrund der Tat sei „wahrscheinlich“.
In der offiziellen Statistik der Todesopfer rechter Gewalt taucht Peter Siebert dennoch bis heute nicht auf.

Erinnerung an Peter Siebert

Mord an Sandra R. in Thiersheim

Wir erinnern an Sandra R., die am 5. März 2023 in Thiersheim ermordet wurde.

Sandra R. wurde im Rahmen der Gerichtsverhandlung von ihrer Schwester M. als lebenslustige und liebevolle Mutter beschrieben, die in ihrer Familie, insbesondere in ihrem Lebensgefährten und ihren beiden Söhnen, den Mittelpunkt ihres Lebens fand.

Sandra R. wurde von ihrem zu diesem Zeitpunkt 20-jährigen Sohn getötet, der aus einem extrem rechten Weltbild heraus handelte, um die Impfung seines 11-jährigen Bruders zu verhindern. Das Landgericht Hof sprach eine Haftstrafe von 11 Jahren und die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus aus.

Es ist alarmierend, dass das Landgericht Hof das rechte Tatmotiv nicht als solches anerkannt und rechtlich gewürdigt hat. Diese Entscheidung wirft Fragen auf und lässt die Sorgen über die gesellschaftlichen Auswirkungen extrem rechter Ideologien in den Hintergrund treten. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass solche Motive – besonders auch in behördlichen Kontexten – klar benannt und angeprangert werden, um ein Bewusstsein für die Gefahren zu schaffen, die von extrem rechten Einstellungen ausgehen.

Erinnerung an Peter Siebert

Anschlag auf Altenheim der israelitischen Kultusgemeinde München

Wir erinnern an den antisemitischen Anschlag auf das Altenheim der Israelitischen Kultusgemeinde in München, der am 13.02.1970 verübt wurde. Sieben Menschen starben, 15 wurden verletzt.

Wir gedenken Regina Rivka Becher, Max Meir Blum, Leopold Arie Leib Gimpel, David Jakubowicz, Siegfried Offenbacher, Georg Eljakim Pfau und Rosa Drucker.

Die Tat wurde nie vollständig aufgeklärt. Im Jahr 2013 wurden die Ermittlungen erneut aufgenommen, nur um im Jahr 2017 ergebnislos eingestellt zu werden. Unter anderem wurden Beweise durch die Münchner Polizei verlegt und konnten so nicht mehr für die Ermittlungen herangezogen werden.

Durch eine Vielzahl von Spuren lässt sich dem Anschlag nicht eindeutig eine rechte Tatmotivation zuordnen – allerdings bleibt er eine antisemitische Gewalttat, die sich in antisemitische Kontinuitäten in Deutschland einreiht. In der Stadt München geriet der Brandanschlag lange Zeit in Vergessenheit – erst im Jahr 2020, 50 Jahre nach der Tat, wurde eine Gedenktafel mit den Namen der Ermordeten errichtet.

Erinnerung an Peter Siebert

Gedenken an Franziska O.

Wir erinnern an Franziska O. Das 12-jährige Mädchen wurde am 15.02.2014 von einem Neonazi entführt und in der Nacht zum 16.02.2014 in Neuburg an der Donau ermordet.

Der Täter, ein damals 26-Jähriger, war bereits wegen Sexualdelikten und Kinderpornographie vorbestraft. In sozialen Medien zeigte er deutlich seine rechte, frauenverachtende und gewalttätige Einstellung und war mit Neonazi-Gruppierungen vernetzt.

Am 11. Mai 2015 wurde er wegen Mordes und schwerer Vergewaltigung an Franziska O. zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Eine Pressemitteilung der Ermittlungsbehörden kurz nach der Tat enthielt keine Hinweise auf den politischen Hintergrund des Mörders. Bis heute wird der Mord an Franziska O. in Bayern nicht offiziell als rechter Mord anerkannt.

Beim AIDA-Archiv gibt es einen ausführlichen Artikel über die Tat:
https://www.aida-archiv.de/chronologie/16-februar-2014/

Erinnerung an Peter Siebert

Anschlag auf die Diskothek „Liverpool“

Wir erinnern an den Anschlag auf die Diskothek „Liverpool“, der am 07.01.1984 in München verübt wurde. Insgesamt wurden 8 Menschen verletzt. Corinna Tartarotti, eine Barangestellte, erlag drei Monate später ihren schweren Verletzungen. Sie starb am 27.04.1984 in München.

Die Polizei ermittelte zunächst im so genannten „Zuhältermilieu“ und zog die Möglichkeit eines rechten Anschlags nicht in Betracht. Erst als wenige Tage später ein Bekennerschreiben bei einer Mailänder Nachrichtenagentur einging, nahmen sie Ermittlungen gegen die Täter auf. Dabei verharmlosten sie jedoch weiterhin den politischen Hintergrund des Anschlags.
Verübt wurde die Tat von der neonazistischen „Gruppe Ludwig“, die zwischen 1977 und 1984 mindestens 15 Menschen in Italien und Deutschland ermordete.

Seither ist der Anschlag für die Stadt München weitgehend in Vergessenheit geraten. Kein Denkmal erinnert an Corinna Tartarotti und die weiteren Betroffenen. Allerdings organisieren zivilgesellschaftliche Initiativen und Gruppen das Gedenken an den Brandanschlag. Insbesondere die Antisexistische Aktion München arbeitet seit Jahren daran, dass der rechtsterroristische Anschlag nicht in Vergessenheit gerät und stellt auf ihrem Blog viele Infos über den Anschlag zur Verfügung: https://asam.noblogs.org/

Zum 40. Jahrestag des Anschlags hat die Stadt München nun das Gedenken übernommen – ein wichtiger Schritt, den auch die Antisexistische Aktion München explizit begrüßt.

Erinnerung an Peter Siebert

Mord an Shlomo Lewin und Frida Poeschke

Wir erinnern an den Doppelmord an dem Rabbiner und Verleger Shlomo Lewin und seiner Lebensgefährtin Frida Poeschke, der am 19.12.1980 in ihrem Wohnhaus in Erlangen von einem Mitglied der „Wehrsportgruppe Hoffmann“ verübt wurde.



Die Ermittlungen in dem Fall fokussierten sich zunächst auf angebliche kriminelle Machenschaften des ermordeten Shlomo Lewin und dessen Umfeld. Dabei gab es starke Beweise dafür, dass das Paar von Anhängern der neonazistischen Vereinigung „Wehrsportgruppe Hoffmann“ ermordet wurde.

Bis heute ist die Tat nicht völlig aufgeklärt. Die Ermittlungen führten schließlich zur „Wehrsportgruppe Hoffmann“. Am Ende des 186-tägigen Prozesses galt ein zu diesem Zeitpunkt verstorbenes Mitglied der WSG als Einzeltäter. Beweise für eine Mittäter*innenschaft des Gründers der Wehrsportgruppe sowie seiner Lebensgefährtin wurden durch das Gericht nicht ernstgenommen.

Das antisemitische Motiv der Morde wurde völlig verkannt. Sowohl die Reaktionen der Mehrheitsgesellschaft als auch die polizeilichen Ermittlungen im Umfeld der Ermordeten waren von antisemitischen Stereotypen geprägt.

Diese antisemitischen Morde und ihr rechtsterroristischer Hintergrund dürfen nicht in Vergessenheit geraten. Der Einsatz von Shlomo Lewin und Frida Poeschke für jüdisches Leben, gegen Neonazis und Antisemitismus dürfen nicht in Vergessenheit geraten.


In Erlangen findet am 19.12.2024 eine Gedenkdemonstration der Initiative Kritisches Gedenken statt.

Gedenkdemonstration
19.12.2024 – 17:00 Uhr
Ecke Hauptstraße/Südliche Stadtmauerstraße

Im Anschluss an den Demonstrationszug ist die Kellerbühne des E-Werks zum Aufwärmen und für Austausch geöffnet.

Weitere Informationen gibt es unter https://kritischesgedenken.de/



Erinnerung an Peter Siebert

Brandanschlag Schwandorf

Wir erinnern an den rechten Brandanschlag in Schwandorf, der am 17.12.1988 verübt wurde. Dabei starben Fatma Can, Osman Can, Mehmet Can und Jürgen Hübener. Insgesamt wurden 12 Bewohner*innen zum Teil schwer verletzt.

Der 19-jährige Täter war zum Tatzeitpunkt Mitglied der offen neonazistischen Gruppe „Nationalistische Front“ und wurde vom Landgericht Amberg zu zwölfeinhalb Jahren Haft wegen besonders schwerer Brandstiftung verurteilt. Mitte 2001 wurde er entlassen.

Während seiner Haftstrafe wurde er von der rechten „Hilfsorganisation für nationale Gefangene und ihre Angehörigen“ betreut, die inzwischen verboten ist. Diese Organisation sorgte in erster Linie dafür, dass Täter*innen während ihrer Haftstrafe den engen Bezug zur rechten Szene nicht verlieren. Bekannte Mitglieder waren unter anderem auch Uwe Mundlos und Beate Zschäpe aus dem Kerntrio des NSU.

Lange Zeit fand der rechte Anschlag keinen Eingang in das offizielle Gedächtnis der Stadt Schwandorf. Eine 2007 eingerichtete Gedenktafel wurde von Unbekannten heruntergerissen. Erst 21 Jahre nach der Tat wurde erstmals offiziell eine Gedenkstunde abgehalten.

Seit 2016 erinnert ein Gedenkstein an den rechten Brandanschlag und die Ermordeten. Jedes Jahr findet ein von der Stadt und zivilgesellschaftlichen Initiativen eingeführtes Gedenken dort statt.

Erinnerung an Peter Siebert

Gedenken an Zygmunt R.

Wir erinnern an Zygmunt R., der am 27.11.2002 in Altdorf bei Nürnberg auf einer Parkbank angezündet wurde und infolgedessen 8 Tage später verstarb.

Zygmunt R. wurde aus sozialdarwinistischen und rassistischen Motiven heraus ermordet. Bevor die Täter*innen ihn anzündeten, misshandelten sie den schlafenden Wohnungslosen. Kurz vor der Tat äußerte sich ein Täter rassistisch. Die Hauptangeklagten wurden zu unterschiedlich langen Haftstrafen verurteilt.

Obwohl die sozialdarwinistische und rassistische Tatmotivation und damit die Ungleichwertigkeitsvorstellung der Täter*innen eindeutig ist, wird der Fall bisher nicht als rechter Mord anerkannt.

Rechter Brandanschlag in Kempten

Rechter Brandanschlag in Kempten

Wir erinnern an den Brandanschlag in Kempten, der am 17.11.1990 verübt wurde.

Bei dem Anschlag stirbt ein 5-jähriger Junge an einer Rauchgasvergiftung. Seine Familienmitglieder überleben den Anschlag schwer verletzt.

Wenige Tage später verbreitet eine explizit rechte Gruppierung ein Bekennerschreiben. Dieses findet in den damaligen Ermittlungen wenig Beachtung. Stattdessen konzentriert sich die polizeiliche Ermittlungsarbeit auf eine Bewohnerin des Hauses.

Auch das Ausmaß des Anschlages auf das Haus, in dem ausschließlich türkeistämmige Familien leben, wird in den Ermittlungen relativiert – die Behörden ordnen den Anschlag lediglich als schwere Brandstiftung ein.

Die Täter werden nie ermittelt. Das Verfahren wird nach nicht einmal zwei Jahren ergebnislos eingestellt. Die Familie selbst erfährt erst 30 Jahre später durch Recherchen von Allgäu rechtsaußen und Zeit online von dem Bekennerschreiben.

Im November 2020, also 30 Jahre später, werden die Ermittlungen wieder neu aufgerollt – diesmal wegen des Verdachts auf Mord. Dabei werden auch Verbindungen zu weiteren Brandstiftungen in Kaufbeuren, Immenstadt und Kempten untersucht.

Die polizeilichen Ermittlungen seien mittlerweile abgeschlossen, heißt es seitens der Bayerischen Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus (ZET).

Einen Artikel von Heike Kleffner zum Thema findet ihr hier: https://www.zeit.de/…/rechte-gewalt…/komplettansicht

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Gedenken an Anka Denisov

Gedenken an Anka Denisov

Am 5. November 1972 wurde die Romni Anka Denisov im Alter von 18 Jahren Opfer eines antiziganistischen Mordes.

Anka Denisov war an diesem Tag mit vier Begleiterinnen auf einem Bauernhof in Niederthann um Lebensmittel einzukaufen. Der Bauer schoss auf die Romnija und tötete Anka Denisov. Die 16-jährige Milena Ivanov wurde durch die Schüsse schwer verletzt. Die Polizei nahm statt des Täters die schwer verletzte Milena Ivanov und ihre unverletzten Begleiterinnen fest. Die Betroffenen kamen bis zur Intervention eines Anwalts in Untersuchungshaft, während der Täter unbehelligt blieb.

Erst nachdem der Anwalt der Betroffenen massiv daraufhin wirkte, wurden sie freigelassen und der Täter letztlich wegen Totschlags zu 7 Jahren Haft verurteilt. Auch nach dem Urteil hielt der Ort fest zum Täter, es gab öffentliche Solidaritätsbekundungen und vom Bürgermeister und Landrat initiierte Spendenaufrufe für den Täter.

Die Betroffenen wurden nicht unterstützt, vielmehr äußerten Anwohner*innen antiziganistische Morddrohungen gegen die Überlebenden. Vor Ort wird Anka Denisov bis heute nicht gedacht. Ausführliche Informationen finden sich auf der Homepage des Aida Archivs.

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