Ein rechter Angriff kommt für die Betroffenen meistens völlig überraschend. Viele Betroffene fühlen sich in der Situation und auch in der Zeit danach überfordert und wissen nicht, wie sie reagieren können. Wir möchten Ihnen hier Handlungsempfehlungen geben, was Sie nach einem Angriff tun können, wie sich ein Angriff auf Ihre psychische Gesundheit auswirken kann und wie Sie in der Situation des Angriffs reagieren können. Wir haben auch einige Tipps für Zeug*innen rechter Gewalttaten und wie sie Betroffene unterstützen können.
Was kann ich tun, wenn ich angegriffen wurde?
Versuchen Sie ruhig zu bleiben und Unterstützung zu bekommen. Rufen Sie einen Krankenwagen, wenn Sie verletzt sind. Sagen Sie am Telefon Ihren Namen, Ihren Standort und was passiert ist.
Sprechen Sie Zeug*innen der Tat an und notieren Sie sich ihre Kontaktdaten (Name, Adresse, Handynummer). Das ist für die Strafverfolgung der Täter*innen wichtig.
Schreiben Sie am besten kurz nach der Tat auf was Ihnen passiert ist (Gedächtnisprotokoll). Gerichtsverfahren gegen die Täter*innen finden in der Regel erst Monate oder Jahre später statt, sodass eine Gedächtnisstütze später sehr hilfreich ist. Schreiben Sie nur das auf, was Sie selbst noch in Erinnerung haben. Wichtig: Das Gedächtnisprotokoll ist nur für Sie und sollte nur an vertrauenswürdige Personen (Anwalt, Beratungsstellen) weitergegeben werden. Folgende Fragen können Ihnen beim Schreiben als Orientierung dienen:
- Ort und Datum: Wann und wo wurden Sie angegriffen?
- Ablauf des Angriffs: Was ist genau passiert? Wie genau wurden Sie angegriffen? Waren die Täter*innen bewaffnet?
- Beschreibung der Täter*innen: Wer hat Sie angegriffen? Wie sahen die Täter*innen aus? Haben die Täter*innen etwas gesagt? Ist Ihnen etwas Besonderes aufgefallen?
- Verletzungen: Welche Verletzungen haben Sie erlitten?
- Umfeld: Wer war noch da? Gab es Zeug*innen? Wie haben die Umstehenden reagiert?
Gehen Sie am besten kurz nach der Tat zum Arzt und lassen Sie sich Ihre Verletzungen dokumentieren. Fragen Sie nach einem Attest.
Machen Sie auch selbst Fotos von Ihren Verletzungen und allen Sachschäden.
Wenn die Polizei nicht schon während des rechten Angriffs vor Ort war, können Sie sich überlegen, ob Sie den rechten Angriff bei der Polizei anzeigen möchten. Wenn Sie sich dafür entscheiden, können Sie den rechten Angriff entweder bei der Polizei oder bei der Staatsanwaltschaft zur Anzeige bringen. Lassen Sie sich von der Polizei eine Bestätigung der Anzeige und ein Aktenzeichen geben. Mit dem Aktenzeichen können Sie bei der Polizei immer wieder den Stand der Ermittlungen erfragen.
Bleiben Sie nicht allein. Sprechen Sie mit Angehörigen und Freund*innen über den Angriff und kontaktieren Sie B.U.D. Wir unterstützen Sie bei allen notwendigen Schritten.
Was kann ich während eines Angriffs tun?
Wenn Sie angegriffen werden befinden Sie sich wahrscheinlich in einer psychischen Ausnahmesituation. Es ist trotzdem wichtig möglichst ruhig zu bleiben und dem Gegenüber selbstsicher zu begegnen. Hier sind einige Handlungsmöglichkeiten, wie Sie bei einem rechten Angriff reagieren können.
- Versuchen Sie auf Distanz zu bleiben und den Angreifern Grenzen aufzuzeigen.
- Sprechen Sie die Angreifer mit lauten und kurzen Aussagen an: „Lassen Sie mich in Ruhe“ oder „Hören Sie auf“.
- Heben Sie die Arme mit offenen Händen vor ihren Körper, um den Angreifern körperlich eine Grenze aufzuzeigen.
- Wenn Sie die Situation als sehr bedrohlich empfinden, begeben Sie sich in die Nähe anderer Menschen oder steuern Sie das nächste öffentliche Gebäude an.
- Sprechen Sie konkrete Personen an um Hilfe zu bekommen: „Sie mit der roten Jacke, ich werde angegriffen, rufen Sie die Polizei“.
Was kann ich tun, wenn ich Zeug*in eines rechten Angriffs werde?
Als Zeug*in eines rechten, rassistischen oder antisemitischen Angriffs ist es wichtig die Betroffenen nicht alleine zu lassen und sie zu unterstützen. Für Betroffene ist es neben dem Angriff oftmals fast genauso schlimm, dass niemand eingegriffen hat oder Hilfe angeboten hat. Hier sind ein paar einfache Tipps, wie Sie Betroffenen in einer solchen Situation zur Seite stehen können.
- Sprechen Sie die betroffene Person an und fragen Sie, ob Unterstützung benötigt wird.
- Je nach Situation kann es eine Möglichkeit sein, ins Gespräch zu kommen und die Umgebung gemeinsam zu verlassen.
- Sollte das nicht möglich sein, fordern Sie die Täter*innen ruhig aber bestimmt auf, die betroffene Person in Ruhe zu lassen.
- Fordern Sie andere Umstehende dazu auf, ebenfalls einzugreifen. Sprechen Sie sie bei Bedarf konkret an, z.B.: „Hallo Sie, in der grünen Jacke, können Sie bitte den Busfahrer rufen?“
- Stellen Sie sich nach der Tat als Zeug*in zur Verfügung. Das kann im Falle einer Strafverfolgung der Täter*innen von großer Wichtigkeit sein.Fragen Sie die betroffene Person nach dem Angriff, wie es ihr geht und was sie jetzt braucht. Geben Sie ihr Ihre Kontaktdaten. Suchen Sie bei Bedarf auch die Kontaktdaten einer Beratungsstelle heraus.
- Schreiben Sie so schnell wie möglich ein Gedächtnisprotokoll. Das kann grundsätzlich wichtig sein, um das Tatgeschehen zu rekonstruieren. Es sollte folgende Angaben enthalten:
Wann und wo geschah der Angriff?
Wie kam es dazu? Wie ist der Angriff abgelaufen?
Wie sahen die Täter*innen aus (besondere Kleidung, Tattoos, Gesichtsmerkmale)?
Was genau haben die einzelnen Täter*innen gemacht? Was haben sie dabei geäußert?
Gibt es weitere Zeug*innen?
Wie es mir nach einem rechten Angriff gehen kann
Ein rechter Angriff ist eine einschneidende Erfahrung für Betroffene und kann weitreichende Folgen für die körperliche und die psychische Gesundheit haben.
Es kann sein, dass Sie ständig an den Vorfall denken müssen, Angst haben die Wohnung zu verlassen oder bestimmte Orte und Situationen meiden, die mit dem Erlebten zu tun haben. Vielleicht haben Sie mit Schlafstörungen und Alpträumen zu kämpfen, obwohl Sie vorher keine solche Probleme hatten. Auch kann es sein, dass sich Ihre Persönlichkeit verändert und dass Sie gereizt auf andere Menschen reagieren oder sich zurückziehen. Es kann sein, dass Sie sich selbst nicht mehr verstehen und sich auch selbst Vorwürfe machen. Die Erfahrung eines rechten Angriffs kann Sie stark aus der Bahn werfen und Ihr Vertrauen in Ihre Mitmenschen und die Gesellschaft nachhaltig erschüttern. Wichtig ist, dass Sie mit Ihren Ängsten und Ihren Gefühlen nicht allein bleiben. Sprechen Sie mit Ihren Angehörigen und Freund*innen darüber, wie es Ihnen geht.
Die psychischen Symptome sind zunächst einmal vollkommen normale Reaktionen auf einen gewalttätigen Vorfall und verblassen oft mit der Zeit. Wenn sich Ihr gesundheitlicher Zustand allerdings über mehrere Wochen nicht verbessert oder sogar verschlechtert und es Ihnen weiterhin nicht gut geht, sollten Sie sich professionelle Hilfe suchen.
Kontaktieren Sie uns unter 0151 21653187 oder über unsere Onlineberatung. Wir können mit Ihnen über die Erlebnisse sprechen, Sie zu Ihrer gesundheitlichen Situation beraten und Sie bei Bedarf gerne bei der Suche nach einem geeigneten Therapieangebot unterstützen.
Unsere Definition.
Was ist rechte Gewalt?
Rechte Gewalt hat viele Erscheinungsformen. Es muss sich nicht zwingend um körperliche Angriffe von organisierten Neonazis handeln, um als rechte Gewalt eingestuft zu werden. Bedrohungen im Internet können ebenfalls als rechts motiviert und gewaltvoll eingestuft werden.