Bayerische Beratungsstellen und Organisationen, die sich für die Rechte von LGBTIQ*-Personen einsetzen, fordern ein Ende der Hetzkampagne gegen die geplante Drag-Lesung in München. Die Beratungsstellen B.U.D., Before sowie der Lesben- und Schwulenverband in Bayern appellieren an die bayerische Politik, sich klar gegen Rechts abzugrenzen, sich zu Vielfalt und selbstbestimmtem Leben zu bekennen und sich hinter die Drag-Lesung zu stellen.
Die Drag-Lesung für Kinder ab 4 Jahren soll am 13. Juni unter dem Titel „Wir lesen euch die Welt, wie sie euch gefällt“ in der Stadtbibliothek in München-Bogenhausen stattfinden. Seit Bekanntwerden der Lesung schüren Freie Wähler, AfD und CSU mittels rechter Rhetorik Ängste und befeuern Vorurteile. Die Rede ist von „Indoktrination“, „woker Frühsexualisierung“ und „Kindeswohlgefährdung“ – der rechten Polemik sind scheinbar keine Grenzen gesetzt. Sogar Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) hatte sich zwischenzeitlich kritisch zur Lesung geäußert, sich danach aber bei der Community entschuldigt.
B.U.D.: Menschen werden zur Zielscheibe gemacht
„Das Verhalten einiger Politiker*innen ist unverantwortlich und gefährlich“, sagt Anna Reimann von B.U.D., der bayernweiten Beratungsstelle für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt. „Das schamlose Übernehmen rechter Begriffe und Narrative trägt dazu bei, ein Feindbild zu verfestigen, das Rechte seit einiger Zeit gezielt aufbauen. So werden letztlich Menschen zur Zielscheibe gemacht.“ Dass die rechte Strategie aufgeht und die Hetze zu einem Anstieg der Gewalt führt, zeigen aktuelle Zahlen: Laut Jahresbilanz 2022 des Verbandes der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt (VBRG) aus zehn von 16 Bundesländern haben sich LGBTIQ*-feindliche Straftaten im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt. Auch bei B.U.D. meldeten sich 2022 vermehrt Betroffene.
BEFORE: Keine Stimmungsmache auf dem Rücken der Betroffenen
Auch die Beratungsstelle für Betroffene von rechter und gruppenbezogen menschenfeindlicher Gewalt und Diskriminierung in München kritisiert die Stimmungsmache gegen die Lesung scharf. Siegfried Benker, Geschäftsführender Vorstand BEFORE e.V.: „Wir sehen in unserer Arbeit immer wieder die Folgen, der auch in München grassierenden LGBTQI-Feindlichkeit: Betroffene werden in allen Lebensbereichen zum Ziel von Diskriminierungen und Angriffen. Diese können weitreichende Folgen haben und für die Betroffenen viel Schmerz und Leid bedeuten. LGBTQI-Feindlichkeit zusätzlich zu befeuern und mit Lügen und Zerrbildern gegen eine Veranstaltung zu polemisieren, die Vorurteile abbauen soll, verurteilen wir auf das Schärfste.“
LSVD Bayern: Frühzeitig Wissen und Empathie vermitteln
Der Lesben- und Schwulenverband in Bayern (LSVD Bayern) verurteilt die LGBTIQ*–feindlichen Diffamierungen ebenfalls scharf: „Queere Menschen sind kein ‚Thema‘, von dem Kinder und Jugendliche erst erfahren dürfen, wenn sie alt genug sind, sondern ein selbstverständlicher Teil gesellschaftlicher Normalität. Bei Drag-Lesungen geht es darum, frühzeitig Wissen und Empathie zu vermitteln.“, sagt Markus Apel vom LSVD. „Anstatt Kindergeschichten über Tiere oder eine bunte Gesellschaft als Sexualisierung zu verunglimpfen, sollten einige bayerische Politiker*innen lieber ihre Angst vor Biologie ablegen und verinnerlichte Queerfeindlichkeiten reflektieren. Es braucht zu dem viel mehr Räume und Förderung für queere Kultur- und Aufklärungsarbeit.“
Die Beratungsstellen B.U.D., Before und der LSVD Bayern stehen solidarisch an der Seite der Veranstaltenden und lehnen alle Diffamierungen entschieden ab! Wir danken den Veranstalter*innen und explizit der Münchner Stadtbibliothek, die trotz des immensen öffentlichen Drucks Haltung zeigen und bewahren.