27.09.2022
Hinweis: Aus Kapazitätsgründen konnte dieser Beitrag noch nicht ins Englische übersetzt werden. Anfang 2023 soll das Demokratiefördergesetz in Kraft treten. Eigentlich sollte es Demokratieprojekte langfristig absichern. Doch was aus der Politik zu hören und den Eckpunkten zu entnehmen ist, ernüchtert:
Geplant ist ein abstraktes Gesetz, das für die Projekte wenig ändern würde. Die „Bundesarbeitsgemeinschaft Demokratieentwicklung“ (BAGD), ein Zusammenschluss von über 60 zivilgesellschaftlichen Organisationen, legt deshalb einen eigenen Gesetzentwurf vor. Er zeigt, was im Demokratiefördergesetz geregelt sein muss, um Projekten gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus die angekündigte Planungssicherheit zu geben – und damit eine Handlungsempfehlung des NSU-Untersuchungsausschusses umzusetzen, die bereits 2017 im Bundestag fraktionsübergreifend beschlossen wurde.
Der 10-seitige Entwurf sieht unter anderem vor:
- Das Gesetz benennt konkrete Demokratiegefährdungen und macht klar, aus welchen Richtungen die Demokratie angegriffen wird.
- Das Gesetz benennt eindeutige Fördergegenstände. Dazu gehören die Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt, die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus, die Ausstiegsberatung und ihre jeweiligen Dachverbände sowie die Kompetenznetzwerke, die bundesweit verschiedene Formen von Demokratiefeindlichkeit bearbeiten.
- Das Gesetz regelt verbindlich, dass die Zivilgesellschaft an der Erstellung und Umsetzung der Förderrichtlinien beteiligt wird. Denn die Richtlinien werden ausschlaggebend dafür sein, unter welchen Bedingungen die Fördergelder bei welchen Trägern landen.
- Für die Umsetzung des Demokratiefördergesetzes wird eine jährliche Summe von 500 Millionen Euro vorgesehen.
Grit Hanneforth, Geschäftsführerin des Bundesverbands Mobile Beratung (BMB):
„Desinformationen, Verschwörungserzählungen und Angriffe auf Kommunalpolitik – in den letzten zwei Jahren ist noch einmal sehr deutlich geworden, dass die Demokratie und die Menschen, die sich für sie einsetzen, in Gefahr sind. Das Demokratiefördergesetz muss daher halten, was es verspricht, und Projekten gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus echte Perspektiven bieten. Unser Gesetzentwurf liefert dafür konkrete Vorschläge. Wir sind uns einig, dass ein gutes Gesetz nur unter Mitwirkung der Zivilgesellschaft entstehen kann. Auch die Förderrichtlinien müssen in Zukunft unter Beteiligung der geförderten Träger erarbeitet, evaluiert und weiterentwickelt werden. Dafür gibt es gute Beispiele, etwa im Bereich des Kinder- und Jugendplans des Bundes. Für die Politik heißt das: Gestaltungsmacht teilen, um Kompetenz zu gewinnen.“
Robert Kusche, Vorstand im Verband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt (VBRG e.V.):
„Betroffene von rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt und rechtsterroristischen Attentaten benötigen langfristige, solidarische und professionelle Beratungsstrukturen. Dies ist nur mit einer gesetzlichen Grundlage möglich. Daher haben wir uns im Rahmen der BAGD – ein Zusammenschluss bundesweiter zivilgesellschaftlicher Träger – daran beteiligt, einen zivilgesellschaftlichen Gesetzesentwurf in die Debatte einzubringen. Wir fordern ein modernes und inklusives Demokratieverständnis, einen gesetzlich verankerten Mechanismus zur Beteiligung der Zivilgesellschaft bei der Erstellung von Förderrichtlinien, die klare Benennung der zu fördernden zivilgesellschaftlichen Strukturen und Themen sowie die Festschreibung einer realistischen Mindestsumme, um die Arbeit langfristig abzusichern. Nur so können wir den mannigfaltigen Herausforderungen gerecht werden.“
Timo Reinfrank, Geschäftsführer der Amadeu Antonio Stiftung:
„Die engagierte Zivilgesellschaft braucht Planungssicherheit, die kleinteilige Projektitis muss aufhören. Wir brauchen eine Demokratieinfrastruktur, auf die sich Engagierte und Betroffene rechter Gewalt verlassen können. Ein klar abgestecktes und finanziell unterlegtes Demokratiefördergesetz ist auch die Ansage an den organisierten Rechtsextremismus, dass die demokratische Gesellschaft ihm die Stirn bietet.“
Pressekontakt:
BMB: Jennifer Pross presse@bundesverband-mobile-beratung.de
VBRG: Heike Kleffner h.kleffner@verband-brg.de
Amadeu Antonio Stiftung: Robert Lüdecke presse@amadeu-antonio-stiftung.de
Weitere Informationen
Gesetzentwurf „Entwurf eines Gesetzes über die Verstetigung von Maßnahmen zur Demokratieförderung“
Gemeinsame Stellungnahme zivilgesellschaftlicher Träger in der Bundesarbeitsgemeinschaft Demokratieförderung (BADG) zum Demokratiefördergesetz im März 2022 zum Download: BAGD Stellungnahme DemokratieförderG
Stellungnahme des VBRG e.V.: Opferschutz als staatliche Verpflichtung im Demokratiefördergesetz
Zur Bundesarbeitsgemeinschaft Demokratieentwicklung:
Die BAGD ist eine bundesweite Vernetzungsplattform von über 60 Vereinen, Verbänden und Initiativen, die sich für die Demokratie und gegen Rechtsextremismus einsetzen. Das Gremium wurde 2006 gegründet, trifft sich regelmäßig zum Austausch und agiert als politisches Sprachrohr.